von
Dr. med. Heinrich Schmidt, Leiter Med.-Wiss. Medical Affairs
Pharmazeutika (Pharmacia & Upjohn, Erlangen)
Immer mehr Menschen akzeptieren, „daß die Dinge nicht so
einfach sind“. Unsere Hoffnung, alles erklären und möglichst viel
„kontrollieren“ zu können, wird immer wieder enttäuscht, wie schon
die alltägliche Erfahrung der Wettervorhersagen und das Auftauchen
neuer Gesundheitsprobleme (AIDS, BSE) lehren. Auch die Wissenschaft geht
längst davon aus, daß die Welt „komplex“ ist und ihre Vorgänge
nicht auf einfache lineare „Ursache-Wirkungs-Beziehungen“
zurückführbar sind. Vor diesem Hintergrund ist seit einiger Zeit
„Chaos-Forschung“ en vogue.
Deshalb sollte es Sie nicht überraschen, daß Ihnen
„Komplexität“ in vielen Beiträge dieser Ausgabe des ZNS-Spektrums
begegnen wird. Beispielhaft sei der Vorschlag von Dr. Götz erwähnt,
die pathobiochemischen Vorgänge beim Morbus Parkinson mit dem
komplexeren Modell des Mobile zu beschreiben anstelle des bis vor kurzem
üblichen einfacheren Bildes der Waage, die das Ungleichgewicht zwischen
Dopamin und Acetylcholin im ZNS der Kranken veranschaulichte.
Komplexität anderer Art klingt in denjenigen Beiträgen an, die auf das
Wechselspiel zwischen dem Demenz-Kranken und seiner Umwelt hinweisen und
so eine erweiterte „Krankheitseinheit“ postulieren. Wieder eine
andere Perspektive eröffnen die im Angstteil des Heftes
veröffentlichten Berichte. Am Beispiel von Alprazolam-Studien zeigen
sie, daß „Nebenwirkungen“ mitunter eine Interaktion zwischen
Präparat und Anwender zugrunde liegt und daß zur Heilung nicht nur das
Arzneimittel, sondern auch die Möglichkeit zur Teilnahme an einer
wissenschaftlichen Untersuchung beitragen kann.
Komplexität thematisiert auch das Kapitel Depression,
beispielsweise im Beitrag über das Wechselspiel zwischen Veranlagung,
Verhalten und Umwelt oder in der „Titelstory“ (Depressionstherapie
als Altersprophylaxe). Nicht zuletzt wird auch die pharmakologische
Behandlung der Depression in diesen Tagen durch die Neueinführung von
Reboxetin (EDRONAX®) komplexer. Dieser hoch selektive und potente
Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer erweitert künftig die
Behandlungsmöglichkeiten.
Kann man bei so viel Komplexität bzw. Chaos überhaupt noch
„gezielt“ forschen und therapieren? Wir von Pharmacia & Upjohn
meinen „ja“. Denn bereits die Bereitschaft, möglichst viele
Phänomene im Auge zu behalten, erhöht die Wahrscheinlichkeit, mit dem
„Chaos“ umgehen und leben zu lernen.