Sich
nicht in die Angst verlieben
Wie
andere mächtige Gefühle trübt auch die Angst das Bewußtsein. Vieles
verschwindet wie hinter einem Schleier und schirmt die Betroffenen damit
von der Welt ab. Sie müssen sich nicht mehr mit deren Vielfalt und
Problemen beschäftigen. Damit ist Angst ein unbewußter und meist
ungewollter Ausweg für jene, die sonst keine Auswege mehr sehen. Man
kann in der Angst auch eine Revolte gegen die Realität sehen, bei der
die Aufmerksamkeit ganz von der Umwelt auf die eigene Person (in Form
der Symptome) gelenkt wird und nicht mehr für andere Aufgaben zur
Verfügung steht („Flucht aus dem Leben“). Die Symptome ersetzen
meist das „Liebesleben“, wenn auch eher in Form eines sehr
unbefriedigenden „Ersatzlebens“. Angst läßt sich somit auch als
(berechtigte) Sorge verstehen, das Leben zu versäumen („Hunger nach
Leben“). Sie fordert heraus, etwas anders zu machen.
Durch
Fremdbeobachtung lernen und sich von der eigenen Person ablenken
Menschen
mit Angst sind meist Experten der Selbstbeobachtung. Sie beugen dieser
Gefahr vor, indem Sie in der Art eines Forschers einige Wochen lang
systematisch andere Menschen und deren Verhalten genau beobachten. Auf
diese Weise hören Sie auf, sich selbst dauernd in den Mittelpunkt der
Welt zu stellen. Gleichzeitig erweitern Sie erneut Ihre Sinne und
Interessen. Außerdem lenken Sie sich auf sinnvolle Weise davon ab, sich
in krankmachender Weise nur mit sich selbst zu beschäftigen. Wer lernt,
genau zu beobachten, schützt sich damit auch vor Verallgemeinerungen,
zu denen Angstkranke durchweg neigen.
Die
Angst gezielt hervorlocken und etwas „bewirken“
Angst
geht immer mit dem Gefühl der Macht- und Hilflosigkeit einher, das sich
im Symptom der „Ohnmacht“ bzw. des Schwindels ausdrücken kann. Die
Betreffenden leiden darunter, in ihrer Umwelt nichts bewirken zu
können. Häufig haben sie den Eindruck, daß vieles um sie herum
„unwirklich“ ist. Verhaltenstherapie ist in solchen Situationen
besonders hilfreich, weil sie dazu einlädt, sich durch aktive Übungen
(Konfrontation mit Angst erzeugenden Situationen) von der eigenen
Wirksamkeit (Mächtigkeit) zu überzeugen. Laden Sie also die Angst zum
Duell ein, indem Sie eine Woche lang jeden Tag dreißig Minuten lang
für nichts anderes reservieren (bitte mit Stopuhr exakt einhalten!) als
für ein Stell-Dich-ein mit Ihrer Angst. Nach dem Motto „Angriff ist
die beste Verteidigung“ sollten Sie sich mit aller Kraft dafür
einsetzen, in diesen 30 Minuten alle Symptome Ihrer Angst zu spüren und
auszuleben. Anschließend stoppen Sie diese Gedanken und gehen sofort zu
Ihrem normalen Alltag über. Meist gelingt nur wenigen Menschen das
Kunststück, die Angst willentlich aus ihrem Versteck zu locken. Aber
vielleicht schaffen Sie es ja.
Muttraining
bis zur Langeweile (Angst in Routine verwandeln)
Der
Erfolg vieler verhaltenstherapeutischer Übungen (Konfrontation mit
Angst erzeugenden Situationen) scheitert daran, daß die Betroffenen
schon nach wenigen Versuchen aufgeben, weil sie nur wenige (bleibende!)
Erfolge sehen. Sie vergessen dabei, daß es keinem (!) auch noch so
gesunden Menschen gelingt, ein eingeschliffenes Verhaltensmuster allein
schon dadurch zu ändern, daß man sich nur einige wenige Male anders
verhält. Wie zuverlässig konsequentes und häufiges Üben wirkt,
veranschaulicht folgendes Beispiel: Stellen Sie sich einen Kriminalfilm
vor, bei dem Sie das Gefühl bekommen, daß Ihnen vor Angst das Herz
stehen bleibt, Ihnen der Schweiß ausbricht und Sie eine Gänsehaut
bekommen. Glauben Sie, daß Sie in gleicher Weise auch dann noch
reagieren werden, wenn Sie sich den gleichen Film zum 200. Mal angesehen
haben? Ähnlich werden auch Ihre krankhaften Ängste schwinden und von
Langeweile abgelöst werden, wenn Sie sich diesen nur häufig genug
aussetzen und Sie zwischendurch nicht immer wieder die Angst auslösende
Situation vermeiden (denn jede Vermeidung verstärkt erneut die Angst
und zögert damit den endgültigen Erfolg hinaus).