München. Wer
Panikattacken erleidet, ist in hohem Maße gefährdet, später auch an
anderen schweren psychischen Störungen zu erkranken. Dies gilt
besonders für den Fall, daß die Panikanfälle erstmalig nach dem 18.
Lebensjahr auftreten. Zu dieser Folgerung gelangen V. Reed und H.-U.
Wittchen aufgrund einer Studie an 3.021 jungen Menschen im Alter
zwischen 14 und 24 Jahren. In dieser Gruppe betrug die bisherige
Lebenszeit-Prävalenz von Panikstörungen (nach DSM IV) 1,6 Prozent,
wobei die Lebenszeit-Prävalenz von reinen Panikattacken fast dreimal so
hoch war (4,3 Prozent). Frauen waren doppelt so häufig und altersmäßig
früher betroffen (Häufigkeitsanstieg ab dem 11. Lebensjahr) als Männer
(Häufigkeitsanstieg ab dem 14. Lebensjahr). Während das Risiko,
Panikattacken zu erleiden, bei Männern ab dem 18. Lebensjahr abnimmt, hält
es bei Frauen an. Frauen leiden auch länger unter Panikstörungen.
Herzrasen ist mit Abstand das häufigste Symptom bei beiden
Geschlechtern, gefolgt von Zittern, Beben und Schwitzen. Personen mit
kompletten Panikstörungen unterschieden sich von Personen mit bloßen
Panikattacken weniger durch die Zahl und Schwere von Panikattacken.
Wichtiger waren die Häufigkeit und Dauer der Panikattacken sowie die
mit ihnen verbundenen Komplikationen, insbesondere angstmachende
Gedanken. Besonders überraschte der Befund, daß Panikattacken
keineswegs spezifische Vorläufer von Panikstörungen sind. Vielmehr
scheinen sie unspefische Risikofaktoren für schwere psychische
Erkrankungen schlechthin zu sein. Nur 8,4 Prozent der Untersuchten
entwickelten im Anschluß an ihre erste Panikattacke keine im DSM
IV-Manual enthaltene Störung. Die Wahrscheinlichkeit, nach einer
Panikattacke an einer Nicht-Panikstörung zu erkranken, war für Männer
größer (63 Prozent) als für Frauen (40 Prozent).
V.
Reed, H.-U. Wittchen: DSM-IV panic attacks and panic disorder in a
community sample of adolescents and young adults: how specific are panic
attacks? Journal of Psychiatric Research 1998 (32) 335-345