Sich als Betreuer auf eigene Beine stellen
Aufgrund zunehmender
Vereinsamung im Alter machen manche Eheleute Selbstwert und Identität von
der Existenz des anderen abhängig (“Meine Frau ist das einzige, was ich
noch habe”). Funktionsverluste beim Kranken werden vom Gesunden dann
zwangsläufig als Verlust eines Teils der eigenen Persönlichkeit erlebt.
Als gesündere Partner sollten Sie deshalb akzeptieren, dass Ihnen die
Beziehung zum anderen künftig keine Sicherheit mehr geben kann. Versuchen
Sie, jetzt für sich selbst neue Lebensperspektiven zu entwickeln und neue
Kontakte zu knüpfen.
Sozial
denken und „prothetisch“ wirken
„Demenz“ ist nicht
nur ein Problem des Kranken. Wir alle sind am Erkrankungsgeschehen
beteiligt, teilweise durch Untätigkeit. Statt zu fragen, was im
Kranken fehlt, um “funktionieren” zu können (biologische
Sichtweise), lässt sich mit gleichem Recht fragen, ob nicht etwas in
der Umwelt fehlt, das dem Patienten ein “Funktionieren”
erleichtern würde (soziale Blickweise). So wie wir körperlich Kranken
“Prothesen“ zur Verfügung stellen (in Form von Brillen, Hörgeräten,
Herzschrittmachern und künstlichen Gelenken), können wir für Demente
„prothetische Funktionen“ übernehmen (wie Strukturierung,
Haltvermittlung und Impulskontrolle) oder ihnen Dinge erleichtern, die
ihnen alleine nicht mehr möglich sind.
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Wunschgerecht
ankleiden
Bieten Sie dem
Demenz-Kranken nicht zu viele Auswahlmöglichkeiten an (zum Beispiel
zwischen mehreren Socken, Hemden oder Kleidern). Dies kann ihn schnell überfordern.
Wenn der Betreffende am liebsten immer das gleiche Kleidungsstück trägt
(was aus hygienischen Gründen selten möglich ist), tragen Sie seinem
Wunsch Rechnung und vermeiden Sie Konflikte, indem Sie mehrere gleichartig
aussehende Kleidungsstücke anschaffen.
Esskultur dem Kranken
anpassen
Für den Erkrankten ist
das Essen oftmals eine der wenigen verbliebenen Freuden und Tätigkeiten.
Mahlzeiten können an altbekannte Abläufe und vertraute Sitten anknüpfen.
Sie helfen dem Kranken, sich in der Tageszeit zu orientieren. Essen in
Gesellschaft ist zudem ein wichtiges gemeinschaftsstiftendes Ritual.
“Unsauberes” Essen allein sollte kein Grund sein, den Kranken zu “füttern”.
Bestecke mit großen Handgriffen erleichtern die Handhabung. Schwere
Bestecke erinnern den Kranken daran, daß er etwas in der Hand hält.
Lassen Sie ihn gegebenenfalls auch seine Finger benutzen. Füllen Sie
Tassen, Gläser und Teller niemals ganz. So können Sie Verschütten
verhindern. Berücksichtigen Sie bei der Auswahl der Speisen die
Lebensgewohnheiten und Vorlieben des Kranken. Denken Sie daran, daß auch
die “Sinne”
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mitessen. Da im Alter der
Geschmackssinn nachlässt, sollte das Essen gut gewürzt sein. Essen Sie mit
dem Kranken gemeinsam. Denn in Gesellschaft schmeckt es besser. Zudem kann
der Kranke Ihr Verhalten sehen und nachahmen.
Mit dem Kranken in
Verbindung bleiben
Die innere Haltung, also
“wie” mit einem Demenz-Kranken gesprochen wird, ist häufig wichtiger
als das “was”, das heißt der Inhalt eines Gesprächs. Erzählen Sie
davon, was Sie bewegt und interessiert. So kann der Kranke an Ihrer Stimmung
teilhaben. Das Gefühl, dazuzugehören und auch weiter Ansprechpartner zu
sein, wird sein Selbstvertrauen stärken.
Verluste gemeinsam betrauern
Scheuen Sie sich nicht,
gemeinsam mit dem Kranken verlorene Fähigkeiten zu betrauern. Damit
verbessern Sie seine Selbstwahrnehmung und die Orientierung im hier und
jetzt. Es gibt keinen Beleg für die Annahme, daß Demenz-Kranke nicht
trauern können oder dass man sie vor traurig machenden Nachrichten
"schützen" muß (wie etwa dem Tod eines Angehörigen).
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