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Panik: Auch "subklinische Symptome" verringern

Italien. Ob jemand an Panik (oder Depression) leidet, beurteilt sich danach, ob eine definierte Menge pathologischer Symptome vorliegt oder nicht. Wird die betreffende Grenze unterschritten, gilt dies als „Remission“ bzw. „Heilung“. Ein solches Vorgehen tendiert jedoch dazu, das Vorhandensein oder Zurückbleiben „prodromaler“ bzw. „residualer“ (subklinischer) Symptome zu ignorieren und damit den Verlauf psychischer Erkrankungen nur in Ausschnitten zu betrachten. Denn Ausmaß und Entwicklung „subklinischer Symptome“ scheinen die oft chronischen Prozesse wesentlich zu beeinflussen.
       G. A. Fava und L. Mangelli plädieren deshalb dafür, das Augenmerk weniger auf kurzfristige Behandlungserfolge, sondern mehr auf langfristige Perspektiven zu richten. Letztere schließen das Prodromalstadium ein. So zeigen Studien an Panik-Kranken, dass deren Leiden keineswegs immer „aus heiterem Himmel“ beginnt. Sehr oft lässt sich nachweisen, dass die Betroffenen schon vor ihrer ersten Panikattacke lange Zeit übermäßig

besorgt waren und/oder sich vermeidend verhielten. Den späteren Patienten erscheint dies als „normal“ oder zu ihrer Persönlichkeit gehörig, wobei es ihnen an einleuchtend klingenden Erklärungen selten mangelt. Vermeidungsverhalten fördert jedoch den Eintritt von Situationen, in denen sich die Betroffenen irgend wann völlig hilflos fühlen und dann mit Panik reagieren. Möglicherweise sensibilisiert häufiges Vermeiden bzw. der ihm zugrunde liegende Stress Gehirnnervenzellen im Locus coeruleus. „Scharf gemacht“ reagieren sie dann in kritischen Situationen überschießend.
     Als potentielle Promotoren späterer Pathologie dürften subklinische Symptome auch bei Remissionen bedeutsam sein. Solange sie weiter vorhanden sind, droht die Gefahr, dass sich das Geschehen erneut bis zur manifesten psychischen Erkrankung aufschaukelt. Deshalb ist es nach Ansicht von Fava und Mangelli wichtig, sich therapeutisch auch um das Abklingen subklinischer Symptome zu bemühen. Um diese zu erkennen bzw.

zu erfassen, bedarf es allerdings besonders sensitiver Instrumente, an denen es vielfach noch mangelt. Wer sich mit subklinischen Symptomen befasst, wird häufiger dem „Roll-back“-Phänomen begegnen, meinen die italienischen Wissenschaftler. Dieses beschreibt den Umstand, dass sich Symptome in Reihenfolge, Tempo und Ausmaß ähnlich rückbilden, wie sie sich zuvor entwickelt haben.
    Nicht zuletzt warnen die Autoren davor, Gesundheit nur als „Abwesenheit von Krankheitssymptomen“ zu definieren. Genau so wichtig sei es, auf den Eintritt von „Wohlbefinden“ hinzuwirken. Denn wenn letzteres fehlt, sind Menschen vermutlich anfälliger für erneute Krankheit (Wohlbefinden als Schutzfaktor).

G. A. Fava u.a.: Subclinical symptoms of panic disorder: new insights into pathophysiology and treatment. Psychother. Psychosom. 1999 (68) 281-289