USA.
Urologische Symptome an den unteren Harnwegen stellen sich im Verlauf
einer Parkinson-Krankheit offenbar rascher ein, als man bislang dachte. So
klagen männliche Parkinson-Patienten schon im Frühstadium signifikant häufiger
als gleichaltrige Männer über erhöhte Miktionsfrequenz und verstärkten
Harndrang. Vermehrte urologische Beschwerden berichten auch Frauen, die
unter einem Frühstadium der Parkinson-Krankheit leiden. Diese Beobachtung
machten G. E. Lemack und Kollegen bei einer Befragung von 80 Männern und
39 Frauen, die unter einem leichten bis mäßigen Stadium eines Morbus
Parkinson litten (Schweregrad: maximal 2,5 nach Hoehn und Yahr). Sollte es
sich um einen typischen Befund handeln, könnte die Studie praktische
Konsequenzen haben: Da urologische Symptome im Frühstadium einer
Parkinson-Krankheit möglicherweise besser therapierbar sind als in einem
späteren Stadium, würden sie weitaus mehr Aufmerksamkeit verdienen, als
ihnen bislang zuteil wurde.
In der amerikanischen Studie
beantworteten 74 Prozent der Frauen und 80 der Männer die ihnen
schriftlich (und notfalls auch telefonisch) vorgelegten Symptomfragebögen.
Männer erhielten den „American Urological Association Symptom Index“,
Frauen das „Urogenital Distress Inventory-6“. Zum Vergleich wurden die
Fragebögen auch Kontrollpersonen vorgelegt, von denen ein Teil ebenfalls
unter urologischen Problemen litt.
Männliche Parkinson-Patienten erzielten mit durchschnittlich 12,0
Punkten einen signifikant höheren Score als symptomfreie Kontrollpersonen
(7,7 Punkte). Er war jedoch ähnlich hoch wie bei Männern mit einer
gutartigen Prostatahyperplasie. Auch bei Parkinson-Patientinnen fand sich
mit 4,8 Punkten ein signifikant höherer Score als bei Frauen ohne
Beschwerden im Bereich der unteren Harnwege. Im Vergleich zu
Urologie-Patientinnen (6,9 Punkte) war er allerdings signifikant
niedriger.
Die amerikanischen Wissenschaftler konnten keinen Zusammenhang
zwischen den Hauptsymptomen der Parkinson-Krankheit (Tremor, Bradykinesie,
Rigidität) und urologischen Symptomen erkennen. Bei den männlichen
Parkinson-Patienten fiel ihnen auf, dass die vermehrt berichteten Symptome
(erhöhte Miktionsfrequenz, Harndrang) zu dem klinischen Bild einer
Detrusor-Hyperreflexie passen, wie man sie in fortgeschritteneren Stadien
findet. Lemack und Kollegen glauben weniger, dass die Miktionsprobleme bei
Parkinson-Patienten im Frühstadium auf dem (motorischen!) Problem
beruhen, zu spät die Toilette zu erreichen. Vielmehr vermuten sie, dass
die nervale Steuerung der Blasenentleerung im gleichen Maße unter den
pathologischen Veränderungen der Grundkrankheit leidet wie das motorische
System.
G.
E. Lemack u.a.: Questionnaire-based assessment of bladder dysfunction in
patients with mild to moderate Parkinson´s disease. Urology
2000 (56) 250-254
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