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Macht Levodopa süchtig?

Israel. Parkinson-Kranke sind “extrem abhängig” von Levodopa und harren oft sehnsüchtig auf dessen Wirkungseintritt. In aller Regel wird dies verständnisvoll als „Drang, den Behinderungen des Leidens zu entkommen“ und nicht als „Entzugssyndrom“ interpretiert. Ein von D. Merims und Kollegen beschriebener Fall wirft jedoch begründet die Frage auf, ob es nicht doch eine „echte Abhängigkeit“ von Levodopa bei Parkinson-Kranken gibt.

    Die israelischen Autoren schildern das Schicksal eines 78jährigen männlichen Parkinson-Kranken, der nach 18jährigem Parkinson-Leiden aufgrund eines Guillain-Barré-Syndroms mit Ausnahme von Kopf und Hals komplett gelähmt wurde. Dieser Kranke hatte ursprünglich vier Jahre lang gut auf Levodopa angesprochen, um dann während der anschließenden 14 Jahre massiv unter Dyskinesien zu leiden. Obwohl der Patient durch das Guillain-Barré-Syndrom fast komplett gelähmt war und aus einer Levodopa-Einnahme keinerlei motorischen Nutzen zog, verlangte er im Abstand von zwei Stunden weiterhin nach Levodopa. Dyskinesien der Gesichtsmuskulatur zeigten, dass Levodopa „wirkte“. Auf Versuche, Levodopa abzusetzen, reagierte der Patient mit Angst, Erregung, Herzklopfen, Hyperventilation, Schweißausbrüchen, Tränen und vermehrter Nasensekretion. Diese „Entzugssyndrome“ verschwanden unter erneuter Levodopa-Gabe sofort. Der Patient gab an, durch Levodopa „in einen Zustand innerer Entspannung zu gelangen und Erleichterung zu verspüren wie nach einem Tranquilizer oder Schmerzmittel.“

    Merims und Kollegen verweisen auf vergleichbare Symptome bei Panikzuständen und fragen sich, ob diese nicht verständliche Reaktionen auf einen drohenden „off-Zustand“ sind. Sie schließen aber auch nicht aus, dass es sich um ein Entzugssyndrom handelt. Für letzteres spreche, dass manche Patienten ein „abhängiges Verhalten“ zeigen, indem sie auf regelmäßiger Levodopa-Einnahme beharren und möglichst keine Dosis auslassen. Einige Patienten erhöhen sogar eigenmächtig die Dosis, um sich euphorischer zu fühlen. Dafür nehmen sie Nebenwirkungen in Kauf. Die israelischen Neurologen haben den Eindruck, dass Parkinson-Kranke mitunter ihre Symptome übertrieben darstellen, damit ihre Levodopa-Dosis erhöht wird. Nicht zuletzt weisen Merim und Mitarbeiter darauf hin, dass Dopamin eine zentrale Rolle bei Suchterkrankungen spielt. Sie vermuten, dass ihre Beobachtung nicht ungewöhnlich ist, und regen an, die Häufigkeit von Suchtphänomenen bei Parkinson-Kranken eingehender zu untersuchen.

D. Merims u.a.: Is there addiction to levodopa in patients with Parkinson´s disease? Movement Disorders 2000 (15) 1014-1016