Vorbemerkung:
Die meisten Vorgänge in unserem Körper (wie Herzschlag, Verdauung,
Harnproduktion) können wir willentlich nicht beeinflussen. Eine Ausnahme
ist die Atmung, die wir in Grenzen steuern können. Da sich die Atmung
ihrerseits auf die Herzfrequenz auswirkt, haben Sie sogar die
Möglichkeit durch langsames Atmen Ihren Herzschlag zu drosseln bzw.
durch schnelles Atmen ihn zu beschleunigen. Angst und Panik sind meist
mit „Herzklopfen“ bzw. „Herzrasen“ und raschen, flachen Atemzügen
verbunden. Nutzen Sie diesen Zusammenhang, indem Sie Ihren Organismus
durch gezieltes ruhiges Atmen in einen entspannteren Zustand versetzen.
Beachten Sie dabei folgende Tipps (modifiziert nach H. Morschitzky.
Angststörungen 1998):
1.
Menschen atmen normalerweise 8- bis 12-mal pro Minute ein und aus.
Achten Sie besonders in Angstsituationen darauf, nur 6-mal oder sogar
noch weniger pro Minute zu atmen. Sie werden angenehm überrascht sein,
wie beruhigend dies unmittelbar wirkt. Indem Sie sich auf die Atmung
konzentrieren, lenken Sie sich zugleich von inneren und äußeren
Angstreizen (bzw. ängstigenden Gedanken) ab.
2.
Bemühen Sie sich vor allem um eine verhältnismäßig lange und tiefe
Ausatmung. Denn diese Phase bringt die eigentliche Entspannung. Die
Ausatmung sollte möglichst doppelt so lange dauern (wenn nicht sogar
dreifach solange) wie die Einatmung. Unterstützen Sie sich, indem Sie
innerlich beim Ausatmen doppelt so lange mitzählen als beim Einatmen.
3.
Atmen Sie möglichst immer durch die Nase ein. Wenn Sie die Luft bei
geschlossenem Mund gleichsam „einschnüffeln“ (Schnuppern, Riechen)
unterstützen Sie automatisch die (gesündere) Bauchatmung. Ein weiterer
Trick zur Förderung der Bauchatmung besteht darin, die Arme hinter dem
Kopf zu verschränken (und so die Brustatmung gleichsam einzufrieren).
„Einschnüffeln“ vermittelt zudem das Gefühl, ganz durchatmen zu können.
4.
Unterstützen Sie die Nasenatmung mit einem für Sie angenehmen realen
oder phantasierten Duft. Tragen Sie ein Duftfläschchen (Neroli, Minze)
mit sich und riechen Sie in Angstsituationen daran.
5.
Setzen Sie beim Ausatmen die „Lippenbremse“ ein. Bei dieser entweicht
die Luft durch die leicht geschlossenen bzw. minimal geöffneten Lippen.
Die „Lippenbremse“ verlangsamt die Ausatmung und fördert wesentlich die
Entspannung. Verbinden Sie das Ausatmen mit einem Geräusch (wie „pfff“,
„uuu“, „oouumm“). Stellen Sie sich beim Ausatmen vor, eine
wohlschmeckende warme Flüssigkeit aufzunehmen, und spüren Sie, wie diese
Ihren Magen erwärmt.
6.
Lassen Sie nach dem Ausatmen einen Moment der „Atemstille“ zu, bis Ihr
Körper wieder nach Einatmung verlangt. Halten Sie nach dem Einatmen
nicht die Luft an, sondern wechseln Sie nahtlos zur Ausatmung über.
7.
Stellen Sie sich beim Einatmen vor, dass Sie mit dem Atemstrom Kraft und
Energie (Sauerstoff) tanken und beim Ausatmen Verbrauchtes, Belastendes
und Ängstigendes abwerfen. Finden Sie eine für Sie passende Formel mit
der Sie das Ein- und Ausatmen begleiten (wie „Mit jedem Atemzug gewinne
ich mehr Energie und Selbstvertrauen“, „Mit jedem Ausatmen gebe ich
etwas Angst, Anspannung und Schmerz ab“).
8.
„Erden“ Sie sich: Stellen Sie mit leicht gegrätschten und etwas
gebeugten Beinen (federnd wie beim Skifahren) flach und sicher auf den
Boden. Spüren Sie beim Ausatmen, wie das Gewicht Ihres Körpers über die
Füße auf den Boden drückt und Ihnen so Halt verleiht. Stellen Sie sich
beim Einatmen vor, Kraft und Energie aus der Erde aufzunehmen. Spüren
Sie, wie Sie von der Erde getragen werden. Diese Übung wirkt sehr gut
Schwindel und Ohnmachtsängsten entgegen.
9.
Verbinden Sie das Ausatmen mit entspanntem Seufzen und Stöhnen. Stöhnen
Sie alles weg, was Sie hemmt, belastet und blockiert.
10.
Singen Sie Ihr Lieblingslied, wenn Ihnen die bisherigen Tipps zu
technisch und schwierig klingen. Der Gesangsrhythmus normalisiert
automatisch Ihre Atmung. Wer singt, muss vor allem ausatmen! Vielleicht
verstehen Sie jetzt, warum manche Kinder singen, wenn Sie Angst haben.