Schweden. Wenn Menschen auf engem Raum
zusammenleben, zum Beispiel in Großstädten, scheint dies seelische
Erkrankungen zu begünstigen. Wer beispielsweise in einer Region wohnt, die
zu den 20 Prozent der am dichtesten besiedelten Gebiete eines Landes
gehört, hat ein um 68 bis 77 Prozent höheres Psychoserisiko als Personen,
die in den 20 Prozent der am wenigstens bevölkerten Landesbereiche leben.
Auf die Möglichkeit eines entsprechenden Zusammenhangs macht eine Studie
von K. Sundquist und Mitarbeitern aufmerksam. Ähnlich - wenn auch weniger
ausgeprägt - stellten sich die Verhältnisse für die Wahrscheinlichkeit
dar, an einer Depression zu erkranken (12 bis 20 Prozent höheres Risiko in
dicht besiedelten Gegenden).
Die Autoren hatten drei Jahre lang
die gesamte schwedische Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren unter
dem Gesichtspunkt beobachtet, wie häufig es zu erstmaligen stationären
Aufnahmen wegen einer Psychose oder Depression kam. Die entsprechenden
Zahlen setzten sie zur Bevölkerungsdichte am Wohnort der Patienten in
Beziehung. Danach kam es in städtischen Gebieten vergleichsweise häufiger
zu stationär behandlungsbedürftigen seelischen Erkrankungen als in
ländlichen. Vor allem allein lebende Männer mit wenig Bildung und
Ausländer schienen gefährdet zu sein.
Die Autoren diskutieren mehrere
mögliche Ursachen für das von ihnen beschriebene Phänomen. Zu ihnen
gehören schwierigere Lebensbedingungen („Stress“) und unzureichende
soziale Netze in Ballungszentren. Städtische Besonderheiten (z. B.
gehäufte Infektionen) können Menschen schon vorgeburtlich beeinflussen und
anfällig für seelische Erkrankungen machen. Interessanterweise finden sich
in anderen Studien Hinweise darauf, dass sich städtische
Lebensverhältnisse auf Menschen mit einer familiären Veranlagung zu
seelischen Erkrankungen stärker auswirken als auf Personen ohne eine
solche Veranlagung. Aufgrund ihrer Erkenntnisse empfehlen Sundquist und
Mitarbeiter, die Bevölkerungsdichte in der Prävention und Behandlung von
Psychosen und Depressionen stärker zu berücksichtigen (besonders bei
allein lebenden Menschen, Ausländern und Personen mit wenig Bildung). Auch
finanzielle Ressourcen können unter dem genannten Gesichtspunkt
vernünftiger verteilt werden.
K. Sundquist u. a.:
Urbanisation and incidence of psychosis. British Journal of Psychiatry.
2004 (184) 293-298 |