Japan. Wer nach Depressionen fahndet,
muss dazu nicht unbedingt psychologische Tests oder psychiatrische
Untersuchungen anstellen. Wie eine Studie von M. Nakao und E. Yano
veranschaulicht, reicht es mitunter, konsequent körperliche Symptome zu
erfragen und einen Score zu bilden. Ein hoher Score sollte dann
automatisch daran denken lassen, dass die betreffende Person
möglicherweise auch unter einer Depression leidet. Vor allem folgende 12
somatischen Beschwerden gehen häufig mit einer Depression einher, wenn sie
einmal wöchentlich oder häufiger registriert werden: Müdigkeit,
Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Rückenbeschwerden, Bauchschmerzen, Gelenk-
und Gliederschmerzen, Benommenheit, Brustschmerzen, Verstopfung,
Herzklopfen, Übelkeit und Kurzatmigkeit.
Die japanischen Autoren nutzten
die Gelegenheit, 1.443 Angestellten bei ihrer jährlichen
Gesundheitsuntersuchung eine Symptom-Checkliste ausfüllen zu lassen.
Anschließend wurden alle Teilnehmer gefragt, ob sie in der Zeit ihrer
Beschwerden wenigstens zwei Wochen lang eine „depressive Stimmung
verspürt“ oder einen „Verlust von Interesse und Freude“ registriert
hatten. Wer eine dieser Fragen bejahte, wurde eingehender psychiatrisch
untersucht. Auf diese Weise gelang es, in 2,9 Prozent der Fälle eine Major
Depression zu entdecken.
Außerdem stellte sich folgendes
heraus: Die Wahrscheinlichkeit, eine Major Depression zu diagnostizieren,
wächst mit der Zahl der erwähnten Symptome. Von den 42 Personen mit Major
Depression war nur eine einzige körperlich symptomfrei. Bei den übrigen
stieg die Depressionswahrscheinlichkeit mit der Häufigkeit somatischer
Symptome. Sie betrug bei Männern mit einem Symptom 2,9 Prozent, mit zwei
bis drei Symptomen 17,8 Prozent und mit vier oder mehr Symptomen 44,4
Prozent. Bei Frauen war der Anstieg etwas weniger steil (4,7, 8,6 und 27,8
Prozent). Weitaus häufigstes Symptom war Müdigkeit, gefolgt von
Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit.
Die Autoren vermuten, dass sich in
manchen Lebenssituationen leichter nach Depressionen forschen lässt, wenn
man mit dem Erfragen körperlicher Symptome beginnt. Ob man sich dann im
nächsten Schritt auch nach seelischen Problemen erkundigt, kann man
offenbar guten Gewissens von der Häufigkeit körperlicher Symptome abhängig
machen.
M. Nakao u. a.:
Reporting of somatic symptoms as a screening marker for detecting major
depression in a population of Japanese white-collar workers.
J. Clin. Epidemiol. 2003 (56)
1021-1026 |