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Was Stimmen-Hörern Stress bereitet - Therapietipps


Großbritannien. Viele Schizophrenie-Kranke leiden darunter, Stimmen zu hören. Ursächlich für diese oft enorme Stressquelle scheint weniger das Grundleiden oder eine oft vorhandene Depression zu sein. Weitaus bedeutsamer ist offenbar die Art und Weise, wie die Betroffenen sich in sozialen Beziehungen erleben. Im Kontakt mit anderen fühlen sie sich meistens machtlos und unterlegen, sie schämen sich und befürchten, dass andere ihre Schwächen kennen. Das gleiche Verarbeitungsmuster scheint auch den Umgang der Kranken mit ihren inneren Stimmen zu prägen. Zu diesen Schlussfolgerungen gelangt eine Studie von M. Birchwood und Kollegen an 125 Schizophrenie-Patienten. In ihr überprüften die Autoren, welche von den eingangs genannten drei Quellen (Depression, Psychose, Sozialverhalten) Stimmen-Hörern am ehesten Stress bereitet.

    Aus ihrem Ergebnis leiten Birchwood und Mitarbeiter folgende Schlussfolgerung ab: Wenn sich Schizophrenie-Kranken gegenüber inneren Stimmen genau so verhalten wie gegenüber realen Kontakten, dann macht es Sinn, ihnen Strategien zur Verbesserung der Sozialkompetenz zu vermitteln und diese auch auf den Umgang mit inneren Stimmen anzuwenden.

   Aus diesem Konzept lassen sich konkrete Empfehlungen für den Behandler ableiten:

-          Betrachte „Stimmen“, die ein Schizophrenie-Patient vernimmt, nicht als bloßes Krankheitssymptom. Sie können ein Abbild seines Umgangs mit anderen Menschen sein.

-          Verbünde dich mit dem Patienten, wenn ihn seine Stimmen drangsalieren oder tyrannisieren. Gib ihm das Gefühl, mit dieser Last nicht alleine zu sein.

-          Finde heraus, ob es nicht Erfahrungen in der Vergangenheit des Kranken gibt, die als Auslöser der Stimmen in Betracht kommen. Erforsche insbesondere, ob der Kranke früher die beschämende Erfahrung machen musste erniedrigt zu werden. Oft hält der Effekt eines schon lange zurückliegenden Missbrauchs und anderer traumatischer Erfahrungen bis heute an.

-          Versteife dich nicht darauf, die Stimmen des Kranken zum Verstummen zu bringen. Hilf lieber dem Patienten, seine Scham abzulegen und Macht und Gültigkeit der beschämenden Stimmen zu überprüfen.

-          Leite den Kranken an, Kontrolle über den Beginn und das Verstummen der Stimmen zu erlangen. Lass ihn die von den Stimmen gemachten Behauptungen und Vorhersagen konsequent überprüfen. Ermutige ihn, den Stimmen nicht zu folgen. Dadurch kann er erfahren, dass die angedrohten Konsequenzen ausbleiben.

-          Unterstütze den Kranken dabei, für sich selbst mehr Mitgefühl zu entwickeln.

-          Stärke das Selbstvertrauen des Patienten, damit er nicht nur seinen Stimmen, sondern auch anderen Menschen gegenüber selbstbewusster auftreten kann. Verhindere, dass der Patient aus Scham darauf verzichtet, zu anderen Menschen Beziehungen aufzubauen.

M. Birchwood u. a.: Interpersonal and role related-schema influence the relationship with the dominant “voice” in schizophrenia: a comparison of three models. Psychological Medicine 2004 (34) 1571-1580